Honda MT 5 „Hege und Aufzucht“ – von Bruno Just

Es ist jetzt schon eine ganze Zeit her das mich der Motorradvirus erwischt hat.
So Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Anfangs war man noch
der Meinung das das von alleine wieder weg geht. Das Auto wird es schon
richten. Aber weit gefehlt. Das ist aber eigentlich eine andere Geschichte und
hier möchte ich heute nur insofern auf die Anfänge zurück blicken, wie es nötig
ist um den Zeitgeist wieder zugeben.

Wir schreiben also das Jahr 1979. Mit 15 Jahren durfte man damals Mofa fahren.
Motoren mit 49ccm und 1,5 PS mit unterstützendem Pedalantrieb, und begrenzt
auf 25 km/h kamen hier zum Einsatz.

Mit 16 Jahren hatte man die große Auswahl zwischen:
1. Moped (wie Mofa aber mit 40 km/h) extrem Langweilig und heute würde man
sagen „uncool“
2. Mokicks waren Optisch häufig Kleinkrafträder sahen also schon ganz gut aus,
vor allem waren die doofen Pedale weg, aber auf 40 km/h begrenzt.
3. Kleinkrafträder hatten auch 49ccm zu haben. Aber das war schon alles. Keine
Geschwindigkeits-Drehzahl- oder Leistungseinschränkung.

Da stellt sich natürlich nicht die Frage was man fahren musste. Der Haken daran
war aber, die Kleinkrafträder kosteten, bedingt durch die schlechte Unfallbilanz,
ca. 1200 DM Versicherung im Jahr. Bei einem Lehrlingslohn von 320 DM im
Monat für Schlosserlehrlinge war das Polster für Sprit, Reparatur und Disco
schnell dünn. Als sich dann an meiner Hercules K 50 SE ein Kurbelwellenlager
schaden ankündigte musste die schnelle Hercules auf ein Mokick eingetauscht
werden. Der freundliche Honda Händler schob zu dieser Zeit gerade frisch ein-
getroffen die neueste Errungenschaft Japanischer Ingineurskunst ins Schaufenster.
Die Honda MT 5 als Enduro und MB 5 als Straßenrenner. Honda hatte sich mit
der CB/XL 50 als 4 Takter in diesem Segment zwar nicht gerade den Namen
purer Leistung gemacht, aber gehalten haben die Hondas. Wichtig war auch, die
Hercules wurde eingetauscht und der Händler war vor Ort und machte, auf meine
Eltern, einen halbwegs seriösen Eindruck.
Also, Aschermittwoch 1980, neu Kauf Honda MT 5! Der erste Eindruck! Stimmt!
Läuft 40 km/h und keinen Cent schneller. Na gut, erst mal einfahren. Nach ca.
6 Monaten wurden die ersten zaghaften Versuche gestartet dem Motor mehr
Leben einzuhauchen. In Ermangelung der Sachkenntnis wurden ältere Kollegen
zu Rate gezogen und nicht zuletzt von dem freundlichen Honda Händler kam
dann der zündende Vorschlag. „Säg mal den Krümmer ab!“
Gesagt getan! 60 km/h waren jetzt, wohlwollend abgelesen, drin. Na bitte!
Zwar nix um gegen eine Kreidler RS anzustinken und auch manches Puch
Mofa war schneller aber immerhin. Die Honda hielt!

Nach 2 Jahren hatte schließlich auch nicht jede Puch 43.000 km auf dem Tacho
stehen. Die Honda schon! Trotzdem war sie mit 18 natürlich nicht mehr zu halten.
Das erwähnte Auto musste her und einen neuen Besitzer hatte ich für die MT
auch schnell gefunden. Meine damalige Freundin und spätere Ehefrau durfte von
väterlicher Seite kein Moped haben, außer meine Honda. Ich wollte das
Sie zum Fahren kommt. Also! Verkauft! War zwar ein mieser Preis, hat sich aber
viele Jahre später ausgezahlt. Nach weiteren 2 Jahren hat Ihr kleiner Bruder die
kleine Honda weiter gefahren. Wieder nach 2 Jahren ist sie dann in eine große
Holzkiste gekommen. Der Nachzügler der Familie war noch nicht alt genug. Als
es dann aber soweit war ist er auch noch mal 2 Jahre damit gefahren. Als der
auch durch war bin ich so clever gewesen die MT wieder zurück zu fordern. Hat
auch super geklappt.

Wir sind wirklich alle damit gefahren, gut meine Freundin vielleicht nicht in
dem Maß das sie wieder 43.000km aufgebracht hat aber die beiden Buben
doch schon sehr. Ich denke das der Tacho wirklich einmal alle Zahlen gezeigt
hat. Und wir sind im Jahr 1993 so circa. Die MT hat dann noch einige Zeit
im Schuppen gestanden, aber immerhin gesichert.

Es muss so 2004 gewesen sein da war mein Patenkind 12 Jahre alt. Bedingt
durch seine beiden Schwestern hatte er sogar schon ein eigenes Pony! Bevor
der Jung jetzt ganz auf die schiefe Bahn gerät musste die kleine Honda wieder
ran. Im Mai zum Geburtstag hat er dann die MT geliehen bekommen mit der
Maßgabe die Technik in Ordnung zu halten. Außerdem ein Buch „Enduro und
Moto Cross in Wort und Bild“! Im Herbst hatte er längst eine Kleine Wiese am
elterlichen Bauernhof umfunktioniert und gibt mir das Buch zurück mit den
Worten „Mit 21⁄2 PS kann ich alles“! Heute fährt er mit meiner alten EXC 350
im Enduro Hobby Sport und ist mit seiner R6 in Hockenheim 6 Sek. schneller
als ich mit der RC30. Darüber hinaus noch Maschinenbau Ingenieur.
Hat sich doch gelohnt der Deal mit der Honda!
2013 habe ich dann das Moped wieder nach Hause geholt. Unter Mitarbeit
meiner Tochter ist sie dann restauriert worden. Neu eingespeicht und neue
Felgen. Neuer Lack. Alle schwarzen Teile pulverbeschichtet. Die Elektrik
auf 12 Volt umgebaut.

Seitdem steht der neue Fahrer Name auf dem Tank. „Bianca Franziska Rose“!
Der volle Name von nur einer Tochter. Die hat dann die nächsten 2 Jahre damit
voll gemacht. Seit 2015 wird die alte Dame, kann man ja schon sagen, noch als
Fahrerlager Moped bei unseren Rennveranstaltungen eingesetzt oder bei der all-
jährlichen Vatertags Tour von unserer 50er Gruppe.

Außer 2021! Das war ja ein ganz besonderes Jahr.
Im Januar 2019 sind wir, vier Freunde aus längst vergangener Zeit, auf die Idee
gekommen unsere gemeinsame Urlaubsfahrt von 1981 noch einmal nachzufahren.
Alle waren damals auf Honda Enduros unterwegs. Außer mir hatte aber keiner
der Protagonisten seine MT so tapfer behalten. Das hieß also ich, da ich auch
der einzige einigermaßen mechanisch beschlagene in der Gruppe bin, habe die
Aufgabe übernommen 4 Fahrfertige MT ́s zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt
nach meiner großmundigen Ankündigung Zitat „Die Mopeds besorg ich, kein
Problem“. Erst denkt man natürlich:
„Gebraucht gekauft in fahrfertigem Zustand! Neue Kerzen rein, frischer Sprit und
läuft. Ist ja ne Honda!“ Aber weit gefehlt. Das was an Fahrzeugen zu bezahlbaren
Preisen angeboten wird ist häufig nur auf Bildern schön und selten „fahrfertig“
im Wortsinn. Höchstens fertig gefahren, das kommt schon öfter vor. Ich habe
beim Kauf darauf geachtet gute Räder zu bekommen. Neu Einspeichen mit
neuen Felgen ist teuer und sollte vermieden werden. Nachdem dann aber 3 MT5
und eine zerrupfte MT 8 als Ersatzteile Spender gekauft waren ging es erst
einmal an das Zerlegen.

Dabei stellte sich schnell heraus das aus der Low Budget Tour nix wird. Wenn
ich für die Verkehrs Sicherheit verantwortlich sein sollte muss ein mindest Maß
erfüllt sein. Die Radlager waren hin. Die Telegabeln mehr oder weniger stark
vom Rost befallen. Eine Telegabel war mit einem Winkelschleifer „entrostet“
worden! Die Bremsen fest! Ketten und Kettenräder sowie Ritzel verschlissen!
Als ich dann den ersten Ölschlauch von der Pumpe abgezogen habe und fest-
stellen musste das da kein Tropfen Öl mehr nach läuft weil das Sieb im Tank
versottet war stand der Entschluss fest! Rücksichtslose Komplett-Restauration!

Zunächst also alles Zerlegt außer die Motoren. Alle Teile aus Stahl oder Alu-
minium die noch in Ihrer Ursprünglichen Form waren werden mit Glasperlen
bzw. mit Edelkorund gestrahlt. Tank, Öltankhalter, Rahmen, Schutzblechträger
und auch Seitendeckel und Frontschutzblech zum Lackieren. Das geht mit Lack
von RH in dem Original Honda Farbton und Spezialgrundierung mit Garantie
auch für Kunststoffe. Alle Teile die schwarz werden mussten zum Pulver-
beschichten. Also Gabelbrücken, Armaturenträger, Fußrasten und ihre Träger,
Seitenständer, Bremsankerplatten und Streben, Bremstrommeln, Instrumenten-
träger, usw.! Alles zuerst prüfen und nachmessen und dann zum Pulvern. Die
Teile die schlecht zu pulvern sind wie z.B. Kickstarter und die Aufnahmen
dafür oder Lenker, weil das Pulver hierbei zu dick aufträgt, werden schwarz-
verzinkt. Die Lenker schwarz lackiert.



Alle Schrauben die noch zu retten waren wurden neu verzinkt.
So! Erster Schritt. Jetzt ist erst mal alles zu den Liefernden Gewerken. Dann
mal an die Motoren. Zum Glück habe ich die noch mal aufgemacht. Kolben
am Hemd gebrochen. Membranen eingerissen. Vergaser verschlammt. Die
Zylinder weisen zum Teil freß Spuren auf, Kurbelwellenlager mit Spiel und
der gleichen mehr. Also auch hier große Revision. Da der Wunsch nach mehr
Leistung so alt ist wie das Motorrad selber keimte er auch hier auf. Daraufhin
habe ich einen Zylinder bei einem befreundeten Zweitakt Spezialisten abge-
geben. Er hat Top Arbeit geleistet und sich richtig in die kleine Honda rein-
gefuchst. Das Ergebnis konnte sich nachher bei der Ausfahrt mehr als sehen
lassen. Die anderen 3 Motoren sollten mit Tuning Zylinder der gleichen
Machart ausgerüstet werden. Sind für kleines Geld im Internet zu bestellen.
Ein VM20 von Mikuni sollte zur Speisung wie bei meinem Motor gereichen.
Er atmet durch einen K&N Filter genug Luft damit der Motor so richtig
Trompeten kann.

Abgerundet wird die ganze Sache mit einem Sportauspuff von Gianeli aus
Italien. So der Plan. Das klappte aber leider nur wenig gut. Die chinesischen
Ersatzzylinder sind so schlecht das sie nicht ins Kurbelgehäuse passten.
Das konnte aber in unserer Dreherei behoben werden. Nach dem Zusammen-
bau stellte sich aber heraus das die Steuerzeiten viel zu scharf sind und die
Motoren keine Leistung mehr haben. Also Flux mit den Reparierten Original
Zylindern und neuen Kolben die Motoren zusammengebaut. Die Original
Vergaser brauchten dann kleinere K&N Luftfilter und wurden auf die Auspuff-
anlagen aus Italien (die kommen bestimmt auch aus China) abgestimmt.
Leistungsmäßig liegen die Motoren so bei ca. 4 PS denke ich. Die machen
jetzt so ca. 60km/h Spitze. Die Zylinder habe ich jetzt noch am Lager, viel-
leicht kann man noch was draus machen. Wir denken drüber nach, das war
aber vor dem Tour Termin nicht mehr zu machen.

 

Die Telegabeln können auch schon überholt werden. Nach dem zerlegen,
was wegen festhängender Simmerringe nicht so einfach war, wurden die
Tauchrohre gereinigt und neu Silber lackiert. Die Federn sind noch zu
brauchen gewesen. Seltsamer Weise sind die eigentlichen Verschleißteile
in gutem Zustand außer bei den Telegabelfedern ist das auch bei den Brems-
belägen aufgefallen. Also neue Simmerringe mit Staubkappen und Seege-
ringen montiert. Neue Standrohre vom Honda Händler bekommen! 1980 in
Tokio eingepackt und 2021 in der Eifel ausgepackt. Nicht die kleinste Be-
schädigung und Originalteile! Ist schon sehr beeindruckend.

Mittlerweile sind die Teile vom Pulverbeschichten zurück. Der Zusammen-
bau kann also weiter gehen. Telegabel Standrohre in die überholten Gabel-
brücken. Lenkkopflager warten noch auf die Rahmen. Zuerst sind aber die
Schwingen vom Lackieren zurück. Serienmäßig mit Gummiblöcken ausge-
stattet sollten sie technisch Verbessert werden. Ich habe mich für doppelt
geführte Nadellager mit separater Simmerring Dichtung entschieden.
Klingt Kompliziert ist es aber nicht. Der Außendurchmesser ist Standard
und die innen Hülsen sind schnell gedreht. Das Ergebnis ist nach her bei
der Tour überzeugend. Die Stoßdämpfer sind im Zubehör erhältlich wie
deren Qualität ist kann man noch nicht abschließend sagen, bisher funk-
tionieren sie gut.

Noch ein Wort zu den Laufrädern. Ich habe die Räder zur Fa. Köhler nach
Fachbach an der Lahn gebracht. Stefan Oster macht das Einspeichen sehr
gewissenhaft mit neuen Edelstahlspeichen und pickfeinen neuen Felgen.
Es stellte sich hier die Frage ob es original sein soll und zum Anschauen,
oder besser und zum Fahren. Honda verwendet verzinkte Stahlspeichen,
deshalb gibt es so gut wie keine Räder mehr die wirklich noch gut sind.
Die Räder wurden anfangs geputzt und laufen dann später grau an. Um
das grau weg zu bekommen wurde dann vieler Orts weiter geputzt notfalls mit
Glitzschwamm oder mit Schleifflies. Das reibt den Zink ab und blanker Stahl
rostet mit den Jahren. Ichhabe mich bekanntlich fürs Fahren entschieden.
Die Räder sind perfekt. Neue Heidenau Reifen bedürfen wohl keiner Erwähnung.

Nächstes Thema ist die Elektrik. Die Kabelbäume sind nicht so schlecht aber
es mangelt zum Beispiel an den Schaltern diese gibt es aber noch zu kaufen.
Der Rest wird überprüft und wo es nötig ist erneuert. War kein großes Problem.
Für den geplanten Umbau auf 12 Volt hat es Hilfe von der Fa. Motek in Bielefeld
gegeben. Für solche Umbauten für mich die Beste Adresse, aber Achtung, wer
auf „technische Beratung“ vom Schlipsträgern steht ist hier falsch. Ich komme
sowieso besser mit Leuten zurecht die „schwarze Fingernägel“ haben. Mit den
Teilen von Motek ist die Umrüstung einfach zu machen. Die Lichtmaschine
leistet das. Und die Umrüstung bringt für die Blinker und den Scheinwerfer
schon eine starke Verbesserung. Die Batterie ist jetzt eine trockene Batterie
von Panasonic. Die Leuchtmittel mussten ja sowieso neu.


Dann sind die restlichen Lackteile fertig und der Zusammenbau geht in die
finale Phase. In den lackierten Rahmen die Gewinde nachschneiden und das
Kegelrollenlager im Lenkkopf einsetzen. Jetzt kann die Telegabel und die
Schwinge eingebaut werden. Motoren und Kabelbaum montiert.
Die kompletten Teile montieren ist eine feine Sache weil alles schon überholt
ist und gut passt. Zum Schluss noch zum Aufklebern und fertig.
War doch ganz einfach! Ach ja, was noch fehlt sind die Sitzbank Bezüge
der Sattler hat den Auftrag schon aber leider ein Termin Problem.
Das wird aber noch!

Text und Bilder von Bruno Just